Die goldene Ära des Gamings begann zwischen den späten 70er und frühen 80er Jahren. Begeisterung, Zusammenarbeit und Innovation wirbelten die Branche wie einen Whirlpool durcheinander. Dieser Strum hat sich bis heute gehalten. Modernes Design zeigt kontinuierlich, wie sehr es in das Video-Game-Design der 80er Jahre vernarrt ist, welches wir in diesem Artikel genauer unter die Lupe nehmen.

Drei große Namen des frühen Video-Game-Designs
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Lass uns zu Beginn einen Blick auf das goldene Zeitalter des Gamings werfen. Es gab drei große Player in der der Videospielwelt der 80er, deren Offenheit und Kreativität junge Technikbegeisterte auf der ganzen Welt geprägt haben.
Atari
Atari wurde 1972 gegründet. Ihre 1977 vorgestellten Spielkonsolen waren revolutionär und mit mindestens 75 % Marktanteil wurde Atari das am schnellsten wachsende Unternehmen in der Geschichte der USA. Ihr berühmtestes Spiel, Space Invaders, war eine Arcade-Legende. Entwickelt wurde es von Tomohiro Nishikado, der dadurch mit dem weltweit ersten Shoot’em-up-Spiel die goldene Ära des Gamings einläutete. Space Invaders brachte strategisches Gaming, sich wiederholende Grafiken und leuchtende Aliens in die Spielhallen und war so erfolgreich, dass in Japan das Münzgeld knapp wurde.
Nintendo Entertainment System (NES)
Nintendos Arcade-Klassiker Donkey Kong aus dem Jahr 1981 war in den Spielhallen ein großer Erfolg. Doch 1983 brach die amerikanische Gaming-Industrie zusammen. Die Umsätze fielen um bis zu 97 % und für Gamer sah es ziemlich schlecht aus.
Wie jedes andere Unternehmen auch musste Nintendo sein Konzept komplett überdenken. Sie fanden eine Lücke auf dem amerikanischen Markt und füllten sie. Die Veröffentlichung ihres Nintendo Entertainment Systems, einer hochwertigen Spielkonsole, ermöglichte es Nintendo, siegreich aus dem Crash hervorzugehen. Genau genommen rettete sie sogar die gesamte Gaming-Branche.

Doch für den großen Release der Konsole benötigten sie einen neuen Star. Die kreativen Köpfe bei Nintendo tauften den Hauptdarsteller Jumpman aus Donkey Kong um und machten aus ihm das mit Latzhose bekleidete Aushängeschild Mario, der die Hauptrolle in Super Mario Bros. übernahm. Zusammen mit seinem Bruder Luigi hauchten Mario (und Nintendo) der Gaming-Industrie wieder neues Leben ein. Beinahe 40 Jahre später sind alle noch immer jedem ein Begriff.
SEGA
Während NES die Kinder anzog, wurde Gaming durch SEGA cool. Durch ihr erfolgreiches Marketing bei Teenagern wurden sie auch für die jüngeren Geschwisterkinder der 16-Jährigen zur ersten Wahl. Sonic the Hedgehog – rebellisch, schlagfertig und heldenhaft – wurde zu einem anspruchsvollen Rivalen Nintendos, der das Schicksal des Unternehmens entscheidend beeinflusste. Dieses Maskottchen hatte einen so großen Einfluss auf weite Teile der Gegenwartskultur, dass sogar ein Gen nach ihm benannt wurde.


Video-Game-Design der 80er: Begeisterung für Grafiken
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LCD-, Vektor- und Rastergrafiken waren in den Videospielen der 80er durchgängig zu sehen und alle haben ihre ganz eigene Ästhetik und Möglichkeiten.
LCD-Grafiken
LCD (liquid crystal display) fand sich ursprünglich in vielen Handheld-Games, besonders bei Nintendos „Game and Watch“-Reihe. Das liegt daran, dass LC-Displays eine vorgefertigte Reihe von Bildern enthalten, die sich nie überschneiden, sondern jede mögliche Anordnung von Bilddaten in einem festgelegten Spiel darstellen. Diese Art Displays eigneten sich am besten für kleinere Bildschirme und einfache Spiele, die nur wenige Funktionen hatten, da sie im Grunde dieselbe Technik verwendeten wie Digitaluhren.

Vektorgrafiken
Vektorgrafiken nutzen bei Spielen ein x-y-Koordinatensystem, genauso wie es heutzutage im Design gemacht wird. Diese Systeme vereinfachten das Rotieren und Skalieren. Die Skalierfunktion in Battelzone lies zum Beispiel Panzer größer erscheinen, wenn sie näher kamen. Vektorgrafiken ebneten den Weg für moderne 3D-Grafiken und dienten als Inspiration, wie man statische Objekte und Animation visualisieren kann.
Battlezone Vektrografiken von 1980, via Atari.
Rastergrafiken
Rastergrafiken sind das vielleicht bekannteste Anzeigesystem. Eine Rastergrafik, auch Bitmap genannt, besteht aus Pixeln, die in einem Raster dargestellt werden. Jedes Pixel ist eine Farbe und wenn man sie alle zusammensetzt, erhält man ein äußerst helles und farbenreiches Bild. Der Nachteil ist, dass diese gerasterten Bilder nicht skalierbar sind; wenn man versucht, sie zu vergrößern, verpixeln sie.
In den 80ern wurden Rastergrafiken in Arcade-Spielen bereits ziemlich früh genutzt. Das Farbspektrum war noch nicht so riesig (im Vergleich dazu, wie groß es heutzutage ist) und daher waren die Farbpaletten begrenzt. Pac Man, Frogger und Space Invaders waren einige der ersten großen Spiele, die Rastergrafiken nutzten. Die verpixelte und leuchtende Retro-Ästhetik, die diese Spiele verkörperten, hat mittlerweile eine treue Fangemeinde und wird immer wieder – auch heute noch – im Design genutzt.

Ein Retro-Wellen-Effekt
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Aktuelle Designtrends sind durchzogen vom Video-Game-Design der 80er, von Farbpaletten bis hin zu ikonischen Charakteren, Typografie und ganzen Ästhetik-Bewegungen. Eine Erklärung hierfür liegt möglicherweise in der Stärke des Nostalgie-Marketings. Als besonders emotional aufgeladene Strategie macht sie sich das Gefühl der Vertrautheit einer Zielgruppe zunutze, um sich mit ihr durch vergangene Trends, positive kulturelle Erinnerungen und berühmte Events zu identifizieren.


Vielleicht wenig überraschend ist Nostalgie-Marketing am wirkungsvollsten bei Millennials. Es setzt auf rosarote Erinnerungen an „einfachere“ Zeiten, bevor es das Internet gab und als man sich noch zurücklehnen und ein 8-Bit-Spiel mit eingängigem Soundtrack genießen konnte. Um eine erfolgreiche Marketingkampagne zu entwerfen, bei der Nostalgie im Mittelpunkt steht, musst du zeitgemäß und relevant sein, um dieses warme, wohlige Gefühl zu erzeugen, das mit dem Event assoziiert wird. Es ist kein Wunder, dass viele Marken diese Strategie nutzen und dazu auf die goldene Ära des Video-Game-Designs der 80er blicken.
Welchen Einfluss Video-Game-Design auf Design hat
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Einfaches Gameplay
Beginnen wir mit den Grundlagen. Die Videospiele der 80er waren in Sachen Gameplay und Grafik ziemlich simpel. Die technischen Einschränkungen der Betriebssysteme in den 80ern und die Tatsache, dass Speicher extrem teuer war, führte dazu, dass es eine Weile dauerte, bis User die unglaublich aufwendigen Grafiken moderner Spiele wie Cyberpunk 2077 oder The Legend of Zelda genießen konnten.

Doch trotz der gewaltigen Innovationen, die wir heute in Spielen sehen, hat sich das Konzept der Einfachheit durchgesetzt. Während die Branche mittlerweile auch auf Spiele für Handys und Tablets setzt, ist dieselbe Art des einfachen, linearen Gameplays bei den neuesten Versionen von Mario Kart, Angry Birds und Candy Crush angesagt und dominiert große Teile der Branche.




Neonfarbene Farbpaletten
Die künstlichen Farbpaletten der Videospiele der 80er zeichneten sich besonders in der Anfangszeit durch ihre Begrenztheit aus. Abhängig vom System und der Entwicklung der Spiele wurde die Grafik in Schwarzweiß, Graustufen oder (in der Regel) in 8-Bit-Farben dargestellt. Dadurch waren die Farbpaletten sehr eingeschränkt. Wenn etwas farbig war, war es äußerst grell. So grell, dass es schon fast abstoßend war. Primärfarben sahen fluoreszierend aus; Neonfarben strahlten vor schwarzen oder dunkelblauen Hintergründen.
Der Kontrast zwischen verschiedenen Neonfarben und Schwarz erzeugte eine Atmosphäre, die aus den Spielhallen über die Laufstege und Nachtclubs in die Mainstream-Kultur der 80er sickerte, mit der sie untrennbar verbunden sind. Von Blade Runner über James Turrell bis hin zur pink beleuchteten Dekoration deines Nagelstudios werden Neonfarben unaufhörlich im Grafikdesign genutzt und zelebriert.

Dark Mode
Es hat einen Grund, weshalb Gaming und Coding untrennbar mit dem Dark Mode verbunden sind. Ein dunkler Hintergrund strengt die Augen weniger an als ein weißer. Er bietet einen guten Kontrast zu leuchtenden Vordergrundfarben und macht es Usern einfacher, diese zu betrachten, besonders wenn der Raum (oder die Spielhalle) schlecht beleuchtet ist. Diese Vorliebe für den Dark Mode in Spielen findet sich bereits in den ersten Videospielen wie Battlezone und Asteroids.




Seit einiger Zeit erstreckt sich dieser Trend auf weitere Bereiche des digitalen Designs. Viele Marken mit einer digitalen Präsenz haben den Dark Mode für sich entdeckt, teils um das Nutzererlebnis ihrer Seite (oder ihres Programms oder ihrer Plattform) zu verbessern, aber auch weil diese Ästhetik ziemlich cool aussieht. Schwarz wird mit Eleganz assoziiert. Es verleiht einem Design eine gewisse Dramatik und ist eine modernere Alternative zu Weiß, falls du auf einen minimalistischen Look aus bist.
Pixel Font
Die Typografie von Arcade- und Retrospielen ist kult. Sie besteht aus einer Reihe von Monospace-Schriften, die manchmal auch als Pixel Font bezeichnet werden. Moderne Designs interpretieren sie stets neu, um spezielle Markenidentitäten und Nostalgie-Marketing zu nutzen.
Was eine Monospace-Schrift ausmacht, ist, dass sie nichtproportional ist. Das bedeutet, dass jedes einzelne Zeichen eine feste Breite hat. In der Anfangszeit des Gamings (und der Computer) mussten sich Designer:innen an ein 8×8-Raster halten, als sie diese Schriftarten entwarfen, die manchmal auch Pixel Fonts genannt werden.






Sogenannte Pixel Fonts sind ein perfektes Produkt ihrer Zeit, auf die sich modernes Design bezieht und die es glorifiziert. Pixel Operator, Sabo und Press Start 2P veranschaulichen diese anhaltende Wertschätzung für Retro-Schriften. Sie gehören zu den unzähligen, modernen Schriften, die jedes Jahr entwickelt werden und an diese Ära erinnern.
Glitch Art-Grafiken
Denke an Textur, Verzerrungen und permanentes Flackern; Glitch Art glorifiziert technische Pannen. In Anlehnung an die goldene Ära der Videospiele kann Glitch Art in vielen Formen auftreten. Unscharf, verschwommen und/oder oftmals verpixelt kann es sich super für statische Bilder eignen, aber auch um Übergänge auf Webseiten und Logo-Enthüllungen zu designen.

Maximalismus und Interaktivität
Die Antithese des Minimalismus, der Maximalismus, wird im digitalen Design immer beliebter. Maximalismus fördert Kreativität, Innovation und Originalität, die nicht von Weißraum dominiert werden, und fördert so die Barrierefreiheit. Hier gilt, mehr ist mehr: Genau wie Videospiele will Maximalismus die Betrachter in die Details eintauchen lassen.
Interaktives Webdesign von Aristide Benoist, via Dribbble.
Interaktives Webdesign von Alternative Solutions, via Behance.
Marken haben sich auf diese Verlagerung weg von statischen, minimalistischen Webseiten eingestellt. Ein Weg des Maximalismus, der jetzt kommerziell besonders relevant ist, ist interaktives Webdesign. Wenn es richtig angewandt wird, bewirkt es wahre Wunder, um einzigartige, erinnerungswürdige und positive Nutzererlebnisse zu kreieren. Es ist noch immer so neu, dass es dir dabei helfen kann, dich von deinen Mitbewerbern zu unterscheiden. Die Navigation wird im modernen Design zunehmend dynamischer und doch ist es in anderen Designbereichen nichts Neues.

Interaktives Webdesign von Olga Stepanova und Alex’s Creatures, via Behance.
Selbst Schrift kann animiert werden. Von Animography, via Behance.
Gaming war schon immer ein hervorragender Einstieg für diejenigen, die etwas über User Experience und interaktives Webdesign lernen wollen. Viele Video-Game-Designs der 80er kreierten ganze Welten, in denen sich Nutzer bewegen konnten, und trugen dazu bei, dass Millionen Menschen digitale 3D-Effekte entdeckten. Im Zuge des technologischen Fortschritts haben wir gesehen, wie Virtual Reality und Augmented Reality über das Gaming-Design auf andere digitale Design-Medien wie E-Commerce und Social-Media-Plattformen übergesprungen sind.
Das Raster
Wir können nicht über Video-Game-Design sprechen, ohne Cyberpunk-Design zu erwähnen. Die Idee eines Cyberspace gab es schon vor dem Internet, von TRON (1982) bis Shadowrun (1989), welches stark inspiriert wurde durch William Gibsons Roman Neuromancer aus dem Jahr 1984. Visuell wird es häufig durch ein endloses Raster dargestellt.



Dieses Raster ist zu einem wahren Phänomen geworden. Die neonfarbenen Rasterlinien sind oft in Magenta oder Cyan gehalten und befinden sich vor einem schwarzen oder dunkelblauen Hintergrund, wenn sie im modernen Design verwendet werden. Sie werden nicht nur mit Cyberpunk in Verbindung gebracht, sondern auch mit Designbewegungen wie Vaporwave und Outrun, die ebenfalls stark vom Video-Game-Design der 80er beeinflusst sind.
Der virtuelle Wilde Westen
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Es hat einen Grund, weshalb diese Designtrends in digitalen, gedruckten und physischen Bereichen zu finden sind. Die Videospiele der 80er sorgten für eine positive Atmosphäre voller Offenheit und Kreativität, die in direkter Verbindung zu unserer inklusiven, digitalen Kultur steht. Die kulturelle Renaissance, die dieses Jahrzehnt in Bezug auf den persönlichen Besitz von Technik (Handys, Computer) brachte, ebneten neue, scheinbar endlose Wege: einen virtuellen Wilden Westen.
Während wir auf diese Ära zurückblicken, um herauszufinden, was als Nächstes kommt, sind wir ziemlich sicher, dass ihr Designeinfluss auch in zukünftigen Trends zu sehen sein wird. Es ist wichtig zu verstehen, wie viel die Designschaffenden trotz der technischen Einschränkungen der 80er erreicht haben. Sie schufen grenzenlose Welten und fesselnde Storys, inspirierten Kreative aus anderen Bereichen und ebneten schließlich den Weg für modernes Design, wie wir es heute kennen.