Wenn du schon mal irgendetwas designt hast, kennst du dich zumindest ein bisschen mit Farbpsychologie aus und kennst die Assoziationen, die zwischen Farben und Emotionen bestehen.
Rot = leidenschaftlich, Blau = beruhigend usw. Wir wissen, dass Gelb ein verspielter Farbton ist, aber warum wirkt er aufmunternd? Man könnte leicht sagen „Das ist halt so“, aber das wäre eine zu einfache Erklärung. Überleg mal. Wenn deine emotionalen Assoziationen zu jeder Farbe angeboren wären, würden sie sich nicht von Kultur zu Kultur unterscheiden. Und sie würden sich nicht im Laufe der Zeit verändern, so wie Pink zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch mit Jungs assoziiert wurde und gegen Ende des 20. Jahrhunderts mit Mädchen.
Eines ist sicher: Farbe ist essentiell, wenn es um Design geht. Deshalb ist es wichtig, sich mit den Grundlagen der Farbpsychologie vertraut zu machen, bevor du deine Markenfarben festlegst. Sobald du verstanden hast, weshalb eine Farbe eine bestimmt Emotion weckt, kannst du die Kraft der Farbe in deinem Branding nutzen, um auf einer weiteren, oft unterbewussten Ebene zu kommunizieren.
Was ist Farbpsychologie?
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Die Farbpsychologie untersucht, wie die von uns wahrgenommenen Farben unsere Gedanken und Gefühle beeinflussen.

Doch bevor wir uns genauer mit Farbpsychologie befassen, müssen wir uns ansehen, was Farbe eigentlich ist.
Wir sehen sie als verschiedene Töne und Schattierungen und doch sind Farben genau genommen die Art und Weise, wie unser Auge und Gehirn Lichtwellen verschiedener Längen wahrnimmt. Das gesamte Licht bewegt sich auf einem elektromagnetischen Spektrum und dieses Spektrum reicht von den längsten Lichtwellen bis zu den kürzesten. Genau in der Mitte befindet sich ein kleines Spektrum von Lichtwellen, das sich im Bereich von 400 Nanometer bis 700 Nanometer bewegt und alles Licht enthält, das das menschliche Auge sehen kann. Die unterschiedlichen Wellenlängen innerhalb dieses Bereichs ergeben all die unterschiedlichen Farben, die Menschen wahrnehmen können.

Forscher, die im Bereich der Farbpsychologie arbeiten, studieren unsere angeborenen und kulturellen Assoziationen mit bestimmten Farben und wie diese Farben unsere Vorlieben und unser Verhalten beeinflussen.
Schauen wir uns mal ein paar Beispiele aus der Realität an. Es gibt Hinweise aus Schottland und Japan, die zeigen, dass eine blaue Straßenbeleuchtung zur Senkung der Kriminalitäts- und Selbstmordrate führt. Forscher der Farbpsychologie versuchen Phänomene wie diese zu erklären.
Es könnte daran liegen, dass eine blaue Straßenbeleuchtung ungewöhnlich ist und potenziellen Kriminellen das Gefühl gibt, irgendetwas stimmt nicht, und sie dazu bringt, ihre Pläne zu verwerfen. Es könnte auch daran liegen, dass blaue Lichter häufig mit Polizeipräsenz assoziiert werden und dies die Menschen dazu bringt, vorsichtiger zu sein. Oder es liegt daran, dass Blau beinahe von jedem als beruhigende Farbe betrachtet wird und die Menschen weniger aggressiv sind, wenn sie in blauer statt rötlicher oder gelblicher Straßenbeleuchtung unterwegs sind.
Die bunte Geschichte der Menschheit: Wie Sprache die Farbpsychologie beeinflusst
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Die Menschen der Antike haben nicht dieselben Farben gesehen wie du. Tatsächlich sehen Menschen in anderen Teilen der Welt Farben nicht so wie du. Es mag eigenartig scheinen, aber es ist wahr. Forschungen haben ergeben, dass Sprache einen Einfluss darauf hat, wie wir Farben wahrnehmen.
Eine Studie aus dem Jahr 2006 hat ergeben, dass Mitglieder des Himba-Stammes – einer Kultur aus Namibia, die kein Wort für die Farbe „Blau“ hat – nicht das blaue Kästchen in einem Kreis voller grüner Kästchen finden konnte, als man ihnen diesen auf einem Computer zeigte. Für englischsprachige Menschen ist das blaue Kästchen offensichtlich, aber für die Studienteilnehmer war es einfach ein weiteres grünes Kästchen im Kreis.
Als den Mitgliedern des Himba-Stammes ein Kreis mit grünen Kästchen gezeigt wurde, die in den Augen englischsprachiger Menschen alle einen sehr ähnlichen Farbton hatten, fanden sie sofort das Kästchen, das nicht dieselbe Farbe wie die anderen hatte. Das liegt daran, dass die von ihnen gesprochene Sprache Otjihimba Wörter für viele der unterschiedlichen Töne hat, die wir einfach unter „Grün“ einsortieren.
Denke nun mal darüber nach, wie das Meer und die Farbe Blau für uns untrennbar zueinander gehören. Für uns ist das Meer einfach blau.
Und doch sah Homer das ganz anders. In der Odyssee wird das Meer als „weinrot“ beschrieben. Honig wird als grün und Schafe violett beschrieben. Homer war nicht der einzige Dichter der Antike, in dessen Welt die Farbe Blau nicht existierte. Fasziniert vom Fehlen des Wortes „Blau“ in Homers Werken, studierten der britische Wissenschaftler William Gladstone und später der deutsche Philosoph Lazarus Geiger antike Texte von Kulturen aus der ganzen Welt und fanden heraus, dass nur die Ägypter ein Wort für die Farbe Blau hatten. Sie waren auch das einzige Volk, das blaue Farbe herstellte.

Des Weiteren fanden Gladstone und Geiger dieselben Muster in antiken Sprachen von Indien bis Island: Die ersten dokumentierten „Farbwörter“ waren Wörter für Schwarz und Weiß.
Als Nächstes fand man in Texten Wörter für die Farbe Rot und in späteren Texten dann Wörter für Gelb und Grün. In all diesen Sprachen war Blau die letzte Farbe, die als Farbe erkannt wurde.
Für russischsprachige Menschen hört es bei Blau nicht auf. Wo englischsprachige Menschen Hell- und Dunkelblau sehen, sehen russischsprachige Menschen zwei unterschiedliche Farben: goluboj und siniy.
Die Psychologie hinter Farbassoziationen: Wie kam es dazu?
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Forscher fanden heraus, dass nach Weiß und Schwarz Rot die nächste Farbe war, die von beinahe allen Kulturen schriftlich erwähnt wurden. Warum ist das so?

Es könnte daran liegen, dass Rot eine der wichtigsten Farben in der Natur ist. Rot ist das Stoppschild der Natur. Es ist die Farbe eines wütenden Rivalen, der sagen will „Verzieh dich, oder es gibt Ärger.“ Rot als Farbe erkennen zu können – und zwar nicht nur als Warnhinweis, sondern auch als Farbe, die für reife, essbare Früchte steht – war für unser Überleben so wichtig, dass unsere Vorfahren die notwendigen Netzhautzellen schon vor Millionen von Jahren entwickelt haben.
Nicht jedes Tier musste Rot so sehen können wie Primaten. Daher entwickelten sie nicht die notwendige Augenstruktur, um die Farben sehen zu können, die wir sehen. Du hast vermutlich schonmal gehört, dass Hunde farbenblind sind. Das bedeutet nicht, dass sie alles in Schwarz-Weiß sehen. Hunde und viele andere Säugetiere sehen eine verschwommenere und kontrastärmere Welt als wir:

Andere Tiere entwickelten die Augenstrukturen, mit denen sie die Farben erkennen konnten, die für ihr Überleben wichtige waren. Vögel können zum Beispiel UV-Licht sehen. Wir nicht. Hier ist ein Beispiel dafür, wie die Welt für einen Vogel aussieht:

Manche Tiere wie der Fangschreckenkrebs können die Welt auf eine Art sehen, die wir uns niemals vorstellen könnten. Fangschreckenkrebse, die Art mit den komplexesten Augen, die wir bisher kennen, können nicht nur UV-Licht sehen, sondern auch verschiedene Farben von UV-Licht. Schau dir mal an, wie die Welt aus Sicht eines Fangeschreckenkrebses aussieht:

So wie sich unsere Fähigkeit, Farben auf bestimmte Weise zu sehen, als Überlebensmechanismus entwickelt hat, haben sich auch die Assoziationen entwickelt, die wir zu bestimmten Farben haben. So wird beispielsweise Grün mit Vitalität und Frische assoziiert, weil es die Farbe lebendiger, gesunder Vegetation ist.
Farbpsychologie und Kultur
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Manche Farbassoziationen wie Rot und Braun können erklärt werden, indem man sich anschaut, wo sie in der Natur vorkommen und was sie für die frühen Menschen bedeutet haben. Aber das erklärt nicht, weshalb Schwarz sich luxuriös oder Gelb spaßig anfühlt.
Manche Assoziationen haben ihren Ursprung in der Kultur statt der Natur. Deshalb sind Farbassoziationen nicht überall gleich und die Bedeutungen der Farben können sich in verschiedenen Ländern und Kulturen stark unterscheiden. In China und Indien steht Weiß für den Tod und wird auf Beerdigungen getragen. Im Westen dagegen Schwarz. Ebenso ist Gelb in den USA die lustige und fröhliche Farbe; in Japan steht es für Mut.

Die Farbassoziationen innerhalb einer Kultur können sich auch mit der Zeit ändern. Grün, die Farbe der Wiedergeburt und des neuen Lebens, wurde während des 18. Jahrhunderts in Europa zur Farbe des Todes. Warum? Weil zur damaligen Zeit grüner Farbstoff Arsen enthielt und es buchstäblich zum Tode führte, wenn man diesem Farbstoff über längere Zeit ausgesetzt war. Auch heute noch sieht man Überbleibsel dieser Assoziation. Grün wird manchmal immer noch mit Giftigkeit assoziiert.
Farbpsychologie nutzen, um eine Bindung aufzubauen
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Es hat einen Grund, weshalb pflanzliche Produkte beinahe immer in einer grünen Verpackung daherkommen. Es handelt sich um denselben Grund, weshalb Pflegeprodukte so häufig weiß verpackt sind. Der Grund lautet Farbpsychologie. Marken machen sich unsere unterbewussten Assoziationen zu bestimmten Farben zunutze, um die Werte ihrer Produkte zu kommunizieren.
UPS hat Braun zum Mittelpunkt ihres Brandings gemacht, um Vertrauenswürdigkeit und Verlässlichkeit zu betonen – genau die Werte, die du von einem Unternehmen erwartest, das sich um deine Pakete kümmert.



Whole Foods ist eine weitere bekannte Marke, die Farbpsychologie nutzt, um ein unterbewusstes Statement zu ihren Werten zu setzen. Das Logo ist grün, also dieselbe Farbe wie frischer Spinat oder Lauch. Durch ihr grünes Logo bringen sie ihre Kunden dazu, ihr Geschäft als frische, gesunde Wahl zu betrachten.
Dann ist da noch Target. Der Supermarkt macht sich unsere angeborene Affinität zu Rot zunutze. Targets Logo ist auffällig; es bringt dich dazu, es anzusehen und ihm deine Aufmerksamkeit zu schenken.
Ein Farb-Spickzettel: Die Assoziationen, die wir zu beliebten Farben haben
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Während du dir überlegst, welche Farben sich am besten für dein Logo, deine Website oder andere Marketingaspekte eignen, kann es hilfreich sein, die häufigsten Farbassoziationen im Hinterkopf zu haben.
Rot
Bei Rot dreht sich alles um Leidenschaft, Action, Energie und Gefahr. Denke an Stoppschilder, Flammen, das Target-Logo und Rosen.


Orange
Orange steht für Kreativität, Enthusiasmus, Energie und Jugend. Denke an Verkehrshütchen, Warnwesten und eine saftige Orange voller Vitamin C.


Gelb
Gelb steht für Freude, Hoffnung, Verspieltheit, Spontanität und eine positive Einstellung. Denke an Sonnenschein und Smileys.


Blau
Blau steht für Ruhe und Vertrauenswürdigkeit. Denke an Finanzinstitutionen (Visa, Paypal, American Express) und große Unternehmen (General Electric, Lowe’s, Boeing).


Grün
Grün steht für Natur, Wachstum und Wohlstand. Denke an Bäume und Geld.


Braun
Braun ist eine bodenständige Farbe, die für Wärme, Natur, Ehrlichkeit und Gesundheit steht.


Violett
Violett ist eine mysteriöse Farbe, die für Kreativität, Luxus, Spiritualität und Wohlstand steht.


Pink
Pink ist eine jugendliche Farbe, die für Romantik, Verspieltheit und Weiblichkeit steht.


Farbe und Branding gehen Hand in Hand!
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Wenn du Logo, Produktverpackung, Website und alles Weitere deiner Marke designst, denke an die Farbpsychologie und Farbenlehre. Farben sind mächtige Tools und du kannst mit deiner Farbpalette entweder ein starkes Statement setzen oder die komplett falsche Botschaft senden. Nimm es in die Hand!
Du benötigst Hilfe dabei herauszufinden, welche Farben deine Marke am besten repräsentieren? Dann arbeite mit einem talentierten Designer auf unserer Plattform zusammen, um die perfekte Farbpalette zu entwickeln.